Jobsharing international

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Jobsharing in Deutschland? Läuft so langsam an. 27% der Unternehmen bieten das Modell mittlerweile an, und der Trend zeigt klar nach oben. Das ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung – doch ein Blick über die Grenzen zeigt: Es geht noch besser. Während wir in Deutschland erste Erfolge feiern, haben andere Länder das Konzept bereits auf beeindruckende Weise perfektioniert und zeigen, wie Jobsharing zu einem festen Bestandteil moderner Arbeitskulturen werden kann.

In den Niederlanden ist Jobsharing fast so selbstverständlich wie Fahrradfahren, in Großbritannien haben CEOs und Abteilungsleiter:innen längst Tandemplätze besetzt, und in Schweden wird Flexibilität gesetzlich so gezielt gefördert, dass Gleichberechtigung nicht nur ein Buzzword bleibt.

Was steckt hinter diesen Erfolgen? Welche kreativen Ansätze machen den Unterschied? Und wie können wir das Potenzial von Jobsharing in Deutschland noch stärker entfalten? Eine Reise durch einige der internationalen Jobsharing-Hotspots zeigt, dass es nicht nur um geteilte Aufgaben geht, sondern um eine grundsätzliche Neudefinition von Arbeit – inspirierend, effektiv und erstaunlich einfach umzusetzen.

Niederlande: Flexibilität, aber make it effortless

Die Niederlande sind in Europa unbestrittene Spitzenreiter, wenn es um Teilzeit- und flexible Arbeitsmodelle geht. Fast jede zweite Arbeitskraft ist hier in Teilzeit beschäftigt – Jobsharing ist daher eine logische Weiterentwicklung. Besonders interessant: Die niederländische Arbeitskultur betrachtet Flexibilität nicht als Ausnahme, sondern als Grundprinzip. Hybride Arbeitsmodelle, bei denen Jobsharing und Homeoffice kombiniert werden, sind hier längst Alltag.

Seit 2000 gibt es das „Flexible Working Act“, welches Arbeitnehmenden das Recht gibt, ihre Arbeitszeit und -orte flexibel anzupassen. Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, solche Anfragen zu prüfen und dürfen sie nur aus triftigen geschäftlichen Gründen ablehnen. Dieses Gesetz schafft eine rechtliche Grundlage, die flexiblere Modelle wie Jobsharing überhaupt erst möglich macht.

Warum funktioniert das so gut?
Die Gesellschaft hat ein anderes Verhältnis zur Arbeit: Karriere ist wichtig, aber nicht um jeden Preis. Arbeitgeber:innen fördern diese Haltung aktiv, indem sie flexible Modelle wie Jobsharing nicht nur ermöglichen, sondern sogar gezielt anbieten. Diese Offenheit spiegelt sich in kollektivrechtlichen Vereinbarungen wider, die die Rechte von Mitarbeitenden stärken und Flexibilität zur Norm machen.

Was wir uns abschauen sollten:
Standardisierte Rahmenbedingungen, wie sie das „Flexible Working Act“ vorgibt, könnten auch in Deutschland dazu beitragen, flexible Arbeitsmodelle breiter und nachhaltiger zu verankern. Statt Jobsharing und Teilzeit als Ausnahme zu behandeln, könnten gesetzliche Grundlagen den Weg ebnen, um Flexibilität auf allen Ebenen zur Selbstverständlichkeit zu machen.

Quellen: NZZ: Niederlande und Teilzeitarbeit; Tagesspiegel Background


Schweden: Gleichberechtigung, die den Job rockt

Was wir uns abschauen sollten:
Schweden ist bekannt für seine fortschrittliche Arbeitswelt, in der Flexibilität und Gleichberechtigung eng miteinander verknüpft sind. Jobsharing passt perfekt in diese Philosophie und wird als Werkzeug genutzt, um sowohl Männern als auch Frauen eine Balance zwischen Beruf und Privatleben zu ermöglichen.

Die schwedische Regierung unterstützt flexible Arbeitsmodelle durch klare gesetzliche Regelungen. Unternehmen sind verpflichtet, Jobsharing-Anfragen oder flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen, solange dies die Arbeitsabläufe nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Ergänzt wird dies durch eine ausgeprägte Familienpolitik, die Elternzeit und flexible Arbeitszeitmodelle intensiv fördert.

Warum funktioniert das so gut?
In Schweden ist Flexibilität fest in der gesellschaftlichen DNA verankert: Beruflicher Erfolg wird nicht an Präsenzzeiten gemessen, sondern an Ergebnissen. Dies zeigt sich auch im Gender Equality Index 2023, in dem Schweden mit 82,2 Punkten europaweit führend ist – ein eindrucksvoller Beleg für die positiven Auswirkungen auf die Gleichstellung. Besonders bemerkenswert ist die aktive Beteiligung der Väter: Sie nehmen durchschnittlich 30 Prozent der insgesamt 480 Tage Elternzeit in Anspruch, was zu einer ausgewogeneren Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zwischen den Geschlechtern beiträgt.

Was wir uns abschauen sollten:
Deutschland könnte sich von Schweden inspirieren lassen, Jobsharing stärker als Instrument der Gleichberechtigung zu nutzen. Gesetzliche Klarheit und eine Unternehmenskultur, die Ergebnisse statt Arbeitszeit bewertet, könnten den Weg ebnen, um Jobsharing noch attraktiver und effektiver zu gestalten.

Quellen: Sweden.se: Work-Life Balance; Labour Laws: Swedish Model of Working Hours; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/589316/umfrage/gender-equality-index-schweden/?utm_source=chatgpt.com


Australien: Down Under doubles down

Australien geht bei Jobsharing und flexiblen Arbeitsmodellen einen Schritt weiter: Hier wird Flexibilität nicht nur als Vorteil für Mitarbeitende gesehen, sondern auch als Mittel, die Produktivität von Unternehmen zu steigern. Besonders bemerkenswert ist die Unterstützung durch die Regierung. Unternehmen, die Jobsharing oder andere flexible Modelle einführen, können von steuerlichen Vorteilen und Förderprogrammen profitieren.

Jobsharing ist in Australien besonders in Branchen wie Bildung, Wissenschaft und Verwaltung verbreitet. Hier wird das Modell genutzt, um sowohl die Zufriedenheit der Mitarbeitenden als auch die Effizienz der Arbeitsabläufe zu steigern.

Warum funktioniert das so gut?
Australien hat eine Arbeitskultur geschaffen, in der Flexibilität nicht nur akzeptiert, sondern aktiv gefördert wird – als entscheidender Wettbewerbsvorteil. Unternehmen setzen Jobsharing gezielt ein, um hoch qualifizierte Talente zu binden, die Fluktuation um bis zu 57 % zu reduzieren (Studie der University of Sydney, 2022) und Innovationen voranzutreiben. Unterstützende Programme und klare Richtlinien sorgen dafür, dass Mitarbeitende solche Modelle ohne Bedenken nutzen können. So wird Jobsharing nicht als Ausnahme, sondern als strategisches Instrument für langfristigen Erfolg betrachtet.

Was wir uns abschauen sollten:
Deutschland könnte sich ein Beispiel an der australischen Haltung nehmen, Flexibilität nicht nur als familienfreundliche Maßnahme zu sehen, sondern als Produktivitätsbooster für Unternehmen. Steuerliche Anreize und unterstützende Programme könnten die Akzeptanz und Implementierung solcher Modelle erleichtern.

Quellen: Hiring Lab: Jobsharing während Lockdowns; PSC NSW: Job Share Guide for Executives

Großbritannien: Tandem-Power für die Chefetage

Großbritannien zeigt, dass Jobsharing nicht nur für operative Tätigkeiten geeignet ist, sondern auch im Management bestens funktioniert. In vielen britischen Unternehmen, aber auch im öffentlichen Sektor, sind geteilte Führungspositionen längst Alltag. CEOs, Abteilungsleiter:innen und sogar Parlamentarier:innen teilen sich Aufgaben, Verantwortung – und Erfolge. Das Modell wird hier nicht nur toleriert, sondern aktiv gefördert.

Seit 2014 garantiert das „Flexible Working Regulations“-Gesetz allen Arbeitnehmer:innen mit mindestens sechs Monaten Betriebszugehörigkeit das Recht, flexible Arbeitszeiten oder Modelle wie Jobsharing zu beantragen. Arbeitgeber:innen müssen diese Anfragen prüfen und dürfen sie nur ablehnen, wenn dies fundiert begründet werden kann. Initiativen wie The Job Share Partnership helfen zudem Unternehmen, solche Modelle effizient und nachhaltig umzusetzen.

Auch die allgemeine Offenheit für neue Arbeitskonzepte zeigt Wirkung: Ein Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche im Jahr 2022 bewies, wie kürzere Arbeitszeiten Wohlbefinden und Produktivität gleichermaßen fördern können. Beeindruckende 92 % der teilnehmenden Unternehmen entschieden sich, das Modell dauerhaft zu übernehmen, und die Mitarbeiter:innenfluktuation sank um bemerkenswerte 57 %.

Warum funktioniert das so gut?
In Großbritannien wird Jobsharing nicht nur als Instrument für Work-Life-Balance angesehen, sondern als strategisches Karriere-Tool. Es ermöglicht eine vielfältigere Besetzung von Führungspositionen und adressiert gezielt Barrieren, die Mitarbeitende – vor allem Frauen – daran hindern, in die Chefetage aufzusteigen. Die starke Unterstützung durch Netzwerke und gesetzliche Rahmenbedingungen macht es einfacher, das Modell zu etablieren.

Was wir uns abschauen sollten:
Deutschland könnte von Großbritannien lernen, wie Jobsharing gezielt genutzt werden kann, um Führungspositionen attraktiver und diverser zu machen. Gesetzliche Regelungen wie die „Flexible Working Regulations“ könnten Mitarbeitenden den Rücken stärken und Arbeitgeber:innen ermutigen, flexible Modelle breiter zu implementieren.

Quellen: Gov.uk: How job sharing is going mainstream; Empower Job Sharing Report 2023

Fazit: Let’s learn from the best! 

Jobsharing ist mehr als ein Arbeitsmodell – es ist ein Schlüssel zu einer modernen, gerechten, flexiblen und leistungsfähigeren Arbeitswelt. Um das Potenzial auch in Deutschland voll auszuschöpfen, braucht es klare gesetzliche Bestimmungen, die flexible Modelle wie in anderen Ländern fördern und standardisieren. Nur so wird aus einem Sonderfall eine Selbstverständlichkeit.

Der Schlüssel? Offenheit. Von Arbeitgeber:innen, die den Mut haben, neue Wege zu gehen, und von Mitarbeitenden, die bereit sind, Verantwortung auf kreative und kooperative Weise zu teilen. Eine Arbeitskultur, die Ergebnisse über Präsenz stellt und auf klaren rechtlichen Fundamenten ruht, schafft den idealen Raum, in dem Jobsharing nicht nur gedeiht, sondern zur treibenden Kraft einer modernen Arbeitswelt wird.